MB 300 C Berlina von Ghia

Das Rätsel wurde gelöst
In meinem Buch Mercedes-Benz 300 – Mythos in vier Generationen aus dem Jahr 2004 berichtete ich über einen viertürigen Mercedes-Benz 300c Cabriolet „Allungata“, der von der Carozzeria Ghia im Jahr 1956 als Einzelstück hergestellt worden war.
Auftraggeber war König Ibn-Saud von Saudi-Arabien. Nach Expertenmeinung hatte die Carozzeria Ghia nur zwei Einzelstücke auf der Basis von Wagen der Marke Mercedes-Benz hergestellt. Dem Cabriolet „Allungata“ von 1956 auf Basis eines Mercedes-Benz 300c (W 186 IV) wäre demzufolge nur eine „Berlina“ aus dem Jahr 1962 auf Basis eines Mercedes-Benz 300d (W 189) gefolgt. Diese Hypothese hat sich definitiv als falsch erwiesen.
Mangels weiterführender Belege oder Hinweise stellte ich meinerseits die Hypothese auf, dass im Jahr 1956 zwei nahezu identische Cabriolets „Alungata“ entstanden sein könnten, wovon später eines einen festen Dachaufbau erhalten haben könnte oder umgekehrt, dass vom Typ 300c „Allungata“ im Jahr 1956 zwei Varianten mit sehr ähnlichem Erscheinungsbild entstanden sein könnten. Diese Hypothese konnte indessen verifiziert werden.
König Ibn Saud ließ in der Tat zwei Versionen des Typs 300c „Allungata“ von Ghia bauen, das im Buch näher beschriebene viertürige Cabriolet sowie sozusagen dessen zweieiiger Zwilling, die 300c Berlina „Allungata“.
Den Beweis dafür lieferte ein bemerkenswertes Fundstück, die Ausgabe Nr. 5 der italienischen Automobilzeitschrift „Quattroruote“ vom Mai 1957. In einem ausführlichen Beitrag ist hier die Rede von zwei nahezu identischen Mercedes-Benz 300c, die von der Carozzeria Ghia im Auftrag des Königs von Saudi-Arabien hergestellt worden waren. Entstanden waren ein viertüriges Cabriolet und eine viertürige Berlina.
Der Wagen erhielt die Motor-Nr. 188920-55.00020, die Fahrgestell-Nr. 188010-55.00016 und die Aufbau-Nr. 188010-55.00005.
Bei Auslieferung waren die Wagen zweifarbig lackiert, in dunklem Rot und Elfenbein. Lediglich bei der Innenausstattung ergab sich ein kleiner, feiner Unterschied. Die oberen Türpaneele des Cabriolets waren mit schwarzem Leder bezogen worden, jene der Berlina hingegen mit weißem Leder.
Bei dem Wagen mit Faltdach ist von einem Paradewagen (vettura da parata) die Rede.
Auf Basis eines Chrysler 300G von 1961, bei dem man den Radstand verlängert hatte, war bei Ghia ein weiterer, ganz ähnlich anmutender Paradewagen entstanden (2 Abbildungen).
Die Berlina-Version des King Ibn Saud Mercedes-Benz 300c ist inzwischen wieder in pflegende Sammlerhände gelangt. Hierbei handelt es sich um den im Buch beschriebenen Wagen, der sich vorübergehend auch im Besitz des in Kalifornien lebenden Rennfahrers Peter Boyd befand.
Der Typ 300c Berlina „Allungata“ ist inzwischen wieder nach Italien zurückgekehrt. Der Eigentümer Alberto Cefis wird an dem Wagen eine gründliche technische Restaurierung vornehmen und auch alle weiteren notwendigen Wiederherstellungsarbeiten durchführen lassen.
Dem äußeren Erscheinungsbild nach befindet sich dieses Unikat in einem passablen Zustand.